Sonntag, 9. November 2014

Michelnacht

Das sonnige, relativ milde Herbstwetter und das frühe Dunkelwerden hat mich regelrecht zum Michel gezogen, zur Michelnacht, Immer vor Augen, meine traumhaft schöne Stadt bei Dunkelheit, im Lichterglanz von oben. Und heute war fast noch Vollmond am klaren Himmelszelt.




Andy ging es gut. Ruhig und zufrieden schläft er auf seinem schwarzen Schafsfell. Ich sage ihm vorher immer Bescheid wenn ich gehe, damit  Andy mich nicht sucht, das wäre schlimm für ihn und er würde in Panik geraten.

Also machte ich mich auf den Weg. Nur 2 Digis waren meine Begleiter. Ohne nicht lange zu zögern und zu suchen, steuerte ich auf die Michel-Garage zu. Parkgebühren 1/2 Stunde 1 €. Die Bequemlichkeit und die Sicherheit sind es mir wert, zumal sonst mein kleiner Andy auf der Rückbank im Auto lag. Die Zeiten sind vorbei. Keine Ausflüge mehr mit ihm. Mir wird immer wieder bewußt, wieviel Freude, Liebe, Verständnis, Zuneigung und Vertrauen mir dieser kleine Hund gegeben hat und immer noch gibt. 

Auch wenn ich nicht mehr so flexibel bin, kann ich mein Hamburg genießen und zwar durch die Livecams, die an verschiedenen Punkten der Stadt platziert sind. 

Diese Livecam befindet sich auf der Hauptkirche St. Michaelis, genannt "Michel", dem bekanntesten Wahrzeichen Hamburgs. Der HD-Livestream ermöglicht einen einmaligen Panoramablick auf den Hafen, die Landungsbrücken, die HafenCity, die Elbphilharmonie und die Docks.



Als ich das Parkhaus verließ, umgab mich eine Stimmung, die ich mit Worten nicht beschreiben kann. Es war eine gewisse Melancholie. Solche Momente des Innehaltens,  rufen in mir große Dankbarkeit, Freude und auch eine gewisse Traurigkeit hervor. Dieses Gefühl überkommt mich unwillkürlich beim Anblick des Wahrzeichens der Hansestadt Hamburg, unseren Michel, wie er liebevoll genannt wird. Für heimkommende Schiffe ist er schon von weitem gut sichtbar. 


Der Michel ist die bedeutendste Barockkirche Norddeutschland und ist dem Erzengel Michael geweiht. Die große Bronzestatue über dem Hauptportal hat mich empfangen.


Nach dem Kauf der Eintrittskarte, fuhr ich mit dem Fahrstuhl in den Nachhimmel auf die Aussichtsplattform in 109 Metern ü. M., mit einem 360 Grad Panorama-Rundblick .

Was mich empfing, einmalig, dieser Blick auf die beleuchtete Stadt. Es war ein wenig frisch, der Wind pfiff. Meine Kapuze, die ich wohlweislich mitnahm, schützte mich. Ich nahm die Eindrücke in mir auf und hielt sie fest mit meiner Digi. 



Der noch fast Vollmond verzauberte die Stadt





Ein bißchen dachte ich nun an Andy, beendete meine Rundgänge und ging die Treppen bis zur 9. Plattform hinunter. 






Bei klassische Hintergrundmusik und einem kleinen Getränk genoß ich die Stimmung, setzte mich und schaute mich um. Es hat sich nichts verändert seit meinem letzten Besuch mit Anna aus Bayern und Nelly aus St. Petersburg. Ich allein im weiten Rund, macht nix. War wohl auch noch zu früh für Hamburger Nachtbummler. 

Ich entschloß mich die Treppen im Turm bis zur nächsten "Haltestelle" des Aufzuges zu gehen. Allein im Glockenturm, hohl klang es in diesen Gemäuer, Stille, die ich nicht beschreiben kann. Keine totale Stille, jedoch auch kein Laut. 





Das alte Turmuhrwerk des Michels hat auch für mich eine magische Anziehungskraft. Ich beobachtete die Rädchen, die Räder, Gestänge und alles was diese Riesenuhr in Bewegung setzt. 


Höhenangst durfte ich nicht haben, wenn ich in die Tiefe schaute. 





Mit der Konstruktion dieses Turmuhrwerkes wurde der Uhrmacher Toni Ungerer aus Straßburg beauftragt. Die Uhr konnte im Jahr 1911 in Betrieb genommen werden. Als Vorlage für die neuen Zeiger diente übrigens ein altes Zeigerpaar, das beim Herabfallen zerbrochen und von Ungerer wieder zusammengesetzt worden war. Es befindet sich heute in der Ausstellung "Michaelitica" im Gruftgewölbe.

Für die Turmbesucher war es immer wieder faszinierend, wenn sie das auf dem 8. Turmboden untergebrachte riesige Uhrwerk betrachteten und sich alle 30 Sekunden das Räderwerk in Bewegung setzte, um die fast fünf Meter langen Minutenzeiger zwanzig Zentimeter vorrücken zu lassen. Die kleinen Zeiger haben eine Länge von je 3,65 Metern. Jeder Zeiger wiegt 130 kg und jede Ziffer misst 1,35 Meter.

Seit 1964 stand das große Räderwerk still, weil die Uhr seitdem durch ein kleines unscheinbares Elektrowerk angetrieben wird. Seit der Umstellung rücken die Minutenzeiger nicht mehr alle 30 Sekunden, sondern nur noch einmal in der Minute, jetzt aber 40 cm, weiter.

Seit 1994 wird der genaue Gang der Uhr durch Funk gesteuert. Bei dem stillgelegten Uhrwerk handelt es sich um ein hochinteressantes Beispiel der Maschinenbaukunst vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Nach Auffassung des Denkmalschutzamtes war es wünschenswert, das Werk vor dem Verfall zu bewahren.

Der Verein Michaelitica an St. Michaelis zu Hamburg e.V. hat das Werk deshalb im Jahre 1996 durch die Firma Iversen, Dimier & Cie, restaurieren und wieder in Gang setzen lassen.




Zum Abschluß meiner Michelnacht ließ ich  zu Hause in aller Ruhe und in Gedanken versunken, die Glocken erklingen.

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